Lehrkonzept
Currikularbereich “Grundlagen der Sozial- und Kulturanthropologie” (BA)
Der Currikularbereich “Grundlagen der Sozial- und Kulturanthropologie” umfasst eine Serie von sechs Lehrveranstaltungen für den BA-Studiengang, die sich mit theoretischen, methodologischen und fachgeschichtlichen Grundlagen sozial- und kulturanthropologischen Arbeitens befassen. In jedem Semester wird ein Seminar dieser Serie angeboten, wobei folgende Reihenfolge eingehalten wird:
1. “Anderes Wissen. Kulturanthropologie und Epistemologie”
Kulturanthropologische Forschung kann als Versuch verstanden werden, über die Auseinandersetzung mit alternativen (oftmals fremdkulturellen) Wissensbeständen vormals unbekannte Wissenslogiken und neue Formen der Wissensgenerierung zu erschließen. Mit Blick auf ausgewählte Themenbereiche aktueller sozial- und kulturanthropologischer Forschungen geht das Seminar den Möglichkeitsbedingungen und Ausprägungen dieses Prozesses nach. Es werden dabei unter anderem folgende Themen behandelt: die epistemologischen Grundlagen ethno-graphischer Feldforschung; Kulturrelativismus und Universalismus; Positionalität und Perspektivität; Wissen und Forschungsethik; Heuristik und Theoretisierung in der Ethnologie; Relevanz und Wissen(schaft).
2. “Beschreibung – Befremdung: Probleme ethnographischer Repräsentation”
Die erhöhte interdisziplinäre Aufmerksamkeit, die der Sozial- und Kulturanthropologie in den vergangenen Jahrzehnten zukam, ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass sie eine wichtige Rolle in Diskussionen um Fragen nach der (sprachlichen) Verfasstheit von Realität und dem Zusammenhang von Macht und Repräsentation einnimmt. Das Seminar beschäftigt sich mit diesen postmodernen und postkolonialen Debatten und arbeitet heraus, in welcher Weise und warum ethnologische Forschung zugleich zum Gegenstand von Wissenschaftskritik als auch zum Ausgangspunkt innovativer Repräsentationspraktiken in den Sozial- und Kulturwissenschaften wurde.
3. “(Inter)kulturelle Wechselseitigkeit: Interpretation, Translation, Dialogizität”
Das Seminar geht von der Beobachtung aus, dass Sozialität durch Prozesse kommunikativer Wechselseitigkeit konstituiert wird. Unter besonderer Berücksichtigung interkultureller Kontexte werden verschiedene Erscheinungsformen dieser Prozesse herausgearbeitet, um die kommunikativen Grundlagen sowohl der Gegenstandshorizonte als auch der Methodologien sozial- und kulturanthropologischer Forschung theoretisch zu reflektieren. Es werden dabei unter anderem folgende Themen behandelt: Geschichte und Spielarten der interpretativen Anthropologie; Kontext und Verstehen; Orte des Wissens: Sprache, Körper, Praxis; das Unaussprechliche; Theorien der (kulturellen) Übersetzung; Polyphonie, Multivokalität und Dialog.“
4. Ethnologie/Wissen/Macht”
In Form einer reflexiven Betrachtung sozial- und kulturanthropologischer Wissenschaftspraxis beschäftigt sich das Seminar mit zentralen Dimensionen der Verschränkung von ‘Wissen’ und ‘Macht’ im Bereich ethnologischer Forschung. Thematisiert wird dabei nicht nur die politische Eingebundenheit sozial- und kulturanthropologischen Arbeitens in kolonialen und postkolonialen Konfigurationen, sondern auch Forschungsethik, ‘advocacy anthropology’, die Rolle ethnologischen Wissens in Kontexten kontroverser Identitätspolitik und der Einfluss von Machtkonstellationen auf den ethnographischen Forschungsprozess.
5. “Identität und Alterität: Sozial- und Kulturanthropologische Perspektiven”
Anhand der Auseinandersetzung mit exemplarischen und für die ethnologische Fachgeschichte paradigmatischen Themenfelder beschäftigt sich das Seminar mit einem die sozial- und kulturanthropologische Forschungsarbeit prägenden Gegenstandshorizont, nämlich mit der Koproduktion von ‘Identität’ und ‘Alterität’. Es werden dabei unter anderem folgende Themen behandelt: Distinktion und Exklusion; Orientalismus; Identität via Alterität; Fremdverstehen und das Problem kultureller Unvereinbarkeit; Differenz und Toleranz; Alterität und Mimesis.
6. Seminar: “Die Figur des Fremden in der westlichen Ideengeschichte"
Ob in Form einer (utopischen oder dystopischen) Gegenfigur zur westlichen Moderne oder als Standbild vorgängiger Entwicklungsphasen – die Figur des Fremden/Exotischen ist in vielen sozial-, kultur- und geisteswissenschaftlichen Theorieentwürfen eingelagert. Vor diesem Hintergrund wird im ersten Teil des Seminars herausgearbeitet, in welcher Weise historische Begegnungen mit dem (exotischen) Fremdem in die westliche Ideengeschichte hineinwirkten, wenn es beispielsweise um die Fragen ging, was es heißt, ‘ein Mensch’ zu sein, und was mit ‘Privatbesitz’ gemeint ist. Im zweiten Teil geht das Seminar dem Stellenwert der Figur des Fremden/ Exotischen in politikwissenschaftlichen (Marx), psychologischen (Freud) und phi-losophischen Theorien (Derrida, Rousseau, Wittgenstein) nach.
Currikularbereich “Themen der Sozial- und Kulturanthropologie” (MA)
Die Lehrveranstaltungen dieses Currikularbereichs sind für Studierende der MA-Studiengänge geöffnet und befassen sich mit kontemporären Debatten zu thematischen Teilbereichen sozial- und kulturanthropologischer Forschung, die zumeist einen Bezug zu laufenden Forschungsarbeiten der Mitarbeiter am Lehrstuhl für Ethnologie und Kulturanthropologie haben.
Currikularbereich “Qualitative Forschung” (BA, MA)
Die Lehrveranstaltungen in diesem Currikularbereich sind auf Studierende der BA- und MA-Studiengänge ausgerichtet und bieten einen Überblick zu Theorie, Methodologie und Anwendung qualitativer Forschung in den Sozialwissenschaften.